kontent.
Desintegriert euch!

Die letzte Kolonie Afrikas
Notizen 10.08.2016

Max Czollek liest aus Desintegriert euch.
Über den Autor
Der Autor (*1992) fühlt sich vom Festival intellektuell überfordert. Single.
Letztens noch von einem Bekannten gehört: „Der Çeyhan is’n guter – top integriert…Da sind leider nicht alle so.“ Genau dieser fordernden Haltung vieler Deutschen erteilt Max Czollek eine Absage – weil sie ein gesellschaftliches Zentrum impliziert, in das sich alles neu Dazugestoßene hineinbewegen müsse. Dabei gebe es heute heute schon mehrere Zentren.
Schluss mit provokanten Fragen an Muslim*innen nach ihrem Demokratieverständnis oder zu Frauenunterdrückung, mit der Intention, sie nur dann als Teil der Gesellschaft zu akzeptieren, wenn sie das eigene Weltbild bestätigen.
Diese Fragen sind unfair, sagt Czollek. Auch deshalb, weil andere Migrationsgruppen wie die Juden z.B. in der Regel nicht gefragt werden, wie sie integriert sind. Die nehmen laut Czollek sowieso eine andere Rolle ein. Sie sind Teil eines von Deutschen inszenierten „Erinnerungstheaters“, in dem sie ausschließlich über Antisemitismus, den Holocaust und die Shoa sprechen sollen. Die ständige Reproduktion dieser Erinnerung soll aber hauptsächlich den Deutschen helfen, sich fleißig an die eigene Schuld zu erinnern – um dann geläutert den Kopf zu senken.
Dieses Erinnerungstheater sei fatal. Auch deshalb, weil die jüdische Realität (sofern es diese überhaupt gibt) laut Czollek ohne Holocaust und Shoa auskommt.
Czollek selbst sieht sich zuerst als Intellektueller, als Mann, als Ostdeutscher und erst dann irgendwann als Jude. Desintegriert euch also, möchte er sagen, damit diese vielschichtige Identität auch sichtbar wird.