kontent.
Gedanken zu komplexen Machtstrukturen

Wir waren im Supermarkt und alles, was sie hatten, waren komplexe Machtstrukturen
Die letzte Kolonie Afrikas
Gedankenschnipsel zu komplexen Machtstrukturen10.08.2019
1. Den Bio-Möhrensaft auf das Kassenband legen, den Fairtrade-Kaffee hinterher. Mit dem Kauf dieser Produkte verbessern wir die Welt, wird uns suggeriert. Im Umkehrschluss heißt es: Die Person vor uns, die 400 g Geflügel für 2,49 € kauft, verschlechtert die Welt. Das ist falsch, denn Konsum selbst kann kaum die Welt verbessern, weil das System bestehen bleibt. Vielmehr nutzen wir den Kauf nachhaltiger Produkte dazu, uns selbst aufzuwerten – und den Mann vor uns mit den 400 g Geflügel abzuwerten. Mit weitreichenden Folgen: Da man sich den Konsum nachhaltiger Produkte leisten können muss (meist wesentlich teurer als Nicht-Bio-Produkte), kommt zu dieser offensichtlichen finanziellen Ungleichheit eine moralische hinzu. Unnötig auch deshalb, weil wir laut Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich den Effekt des Kaufs nachhaltiger Produkte überschätzen – und somit gefährdet sind für den sogenannten Rebound-Effekt: Im Glauben, beim Kauf von Bioprodukten schon so exorbitant zu einer besseren Welt beigetragen haben, könnten wir in anderen Lebensbereichen nachlässiger werden, nach dem Motto: ich kaufe immer Bio ein, deswegen kann ich mir jetzt auch mal drei Tage die Heizung anlassen.

2. Julia Schramm (Politikwissenschaftlerin) kauft immer bei Lidl ein.
3. Die Soziologin Ceren Türkmen regt sich immer darüber auf, wenn sie zu ihrem sozialen Aufstieg beglückwünscht wird (ihr Vater war Stahlarbeiter, ihre Mutter Putzfrau). Ihre Eltern „mussten dafür die Drecksarbeit“ machen. Und die fühlen sich nun sicher auch nach all den Jahren nicht als Teil der urbanen Elite. Sondern könnten sich sogar eher mit sozial schwachen Menschen im Osten identifizieren. In der Tat werden Migrant*innen und Ostdeutsche von Forscher*innen oft miteinander verglichen, siehe z.B. hier.
4. Welcher Supermarkt-Typ bist du?